Böhmen Aktuell

zuletzt bearbeitet am 31.07.05

 

Tschechien bekennt sich zu seiner moralischen Verantwortung
Tschechien hat sich offiziell zu seiner moralischen Verantwortung für die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem 2. Weltkrieg bekannt. Premierminister Vladimir Spidla sagte im österreichischem Kloster Göttweig am Sonntag (29.6.03) "Wir bringen unser Bedauern zum Ausdruck, dass diese Ereignisse und Taten geschehen sind".
Es besteht die Hoffnung einer beginnenden Verbesserung des Klimas, in dem konkrete Fragen sachlicher diskutiert werden können als bisher.

Neues zu den Benes Dekreten
Am Rande des EU-Gipfels in Griechenland sprachen der tschechische Premier Vladimir Spidla und  Bundeskanzler Gerhard Schröder über die sog. Benes-Dekrete, über die in der vorangegangenen Woche bemerkenswerte Äußerungen gemacht wurden. Am Mittwoch (18.6.03) hatte die tschechische Regierung die Vertreibung der Sudetendeutschen als "aus heutiger Sicht unannehmbar" bezeichnet - ein Schritt, der in Deutschland positiv aufgenommen wurde. Schröder wiederum hatte die Vertreibung der Sudetendeutschen zuvor in einem Zeitungsinterview als Folge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft benannt, was in Tschechien mit Freude zur Kenntnis genommen wurde.

Meine Meinung:
Eine faire Aufarbeitung der Geschichte sowie eine Aussöhnung mit den Enteigneten wird in einem geeinten Europa dringend erforderlich. Dies wird auch von fortschrittlichen Tschechen so gesehen.
Jedoch hat nach der Wende bisher nur Ungarn den Mut zur Aussöhnung mit den vertriebenen Deutschen gefunden.

Sudetendeutsches Kontaktbüro in Prag eröffnet
Das Kontaktbüro der Sudetendeutschen, eröffnet im März 03, ist weder ein Werbebüro noch eine Pressestelle. Es soll allein dazu dienen interessierten tschechischen Bürgern und Organisationen Kontakte mit Sudetendeutschen, oder mit Sudetendeutschen Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland zu knüpfen. 

Havel besorgt über Debatte um Sudetendeutsche
Der tschechische Präsident Vaclav Havel hat sich nunmehr in die Debatte eingemischt und hat sich von den unseligen Wahlkampfauftritten und - aussagen von Ministerpräsident Milos Zemann und seinem Vertreter Vladimir Spidla, die auch auf deutscher Seite zu unterschiedlichen Wertungen führte - auch hier zu Lande beginnt der Wahlkampf -, in einem ARD-Interview distanziert (31.5.02).

Meine Meinung:
Eine ehrliche Aufarbeitung der Nachkriegsgeschehnisse in  Tschechien auf tschechischer Seite tut not. Dies beweist die Forderung von Teilen der jüngeren  tschechischen Bevölkerung und einiger Historiker nach Aufklärung.
Aber auch eine analytische, emotionsfreie Argumentation kann nun nach fast 60 Jahren der Geschehnisse von den Vertriebenenverbänden verlangt werden. Denn es muss in einem vereinten Europa möglich sein, dass Tschechen und Sudetendeutsche, trotz des Leides das sich beide zugefügt haben, sich die Hand reichen. Ich weis, dass dies der Wunsch vieler jüngerer aber auch mancher älterer Sudetendeutscher ist.

Äußerungen von Premier Zeman
Zeman bezeichnete kürzlich im Zusammenhang mit dem Geschehen um das österreichische Anti-Temelin-Volksbegehren die Sudetendeutschen als Landesverräter und die "fünfte Kolonne" Hitlers.
Reaktionen auf Zeman´s Äußerungen
 
Wegen der Äußerungen des tschechischen Premiers Milos Zeman über die Sudetendeutschen will der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder möglicherweise seinen Besuch in der Tschechischen Republik im März absagen, informierten am Donnerstag (24.1.02) die Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine und Süddeutsche Zeitung. Der tschechische Außenminister Jan Kavan hofft auf eine Klärung der Situation

Der ehemalige tschechische Außenminister und Außenminister im Schattenkabinett der Viererkoalition, Josef Zieleniec ist davon überzeugt, dass Zeman´ s Äußerungen an die Adresse der Sudetendeutschen eine Komplikation für die Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland darstellten. Diesbezüglich forderte Zieleniec die sozialdemokratische Regierung sowie die Führung der Sozialdemokraten auf, ihre Position zu den Äußerungen von Milos Zeman und namentlich zu der tschechisch-deutschen Deklaration offen zu legen.

Während seiner Visite in Moskau hat am Donnerstag der tschechische Außenminister Jan Kavan die Informationen über die Aussagen des tschechischen Premiers Milos Zeman über die Sudetendeutschen gegenüber der österreichischen Presse als ein Missverständnis bezeichnet
(Info Radio Prag)

 

Die mährische Metropole Brno (Brünn) hat im Mai 01 offiziell die Vertreibung deutscher Einwohner nach dem Zweiten Weltkrieg bedauert

Der Stadtrat von Brünn hat eine Erklärung herausgegeben, in der er offiziell sein Bedauern über die Vertreibung der deutschen Einwohner im Jahre 1945 zum Ausdruck brachte.

Doch diese Bedauernserklärung, in der an keiner Stelle von einer Entschuldigung die Rede ist, rief nicht nur Kritik von Seiten der deutschen Minderheit in der mährischen Metropole hervor, sondern auch von der Bewegung "Jugend für interkulturelle Verständigung" Mládež pro interkulturní porozumění MIP ,die vor einem Jahr mit ihrer Forderung nach einer Stellungnahme der Stadt, den Stein ins Rollen brachte. (info radio praha)

 

Zum 10. Mal bereits kamen in der an der Scheidelinie zwischen Böhmen und Mähren liegenden Stadt Jihlava/Iglau Historiker, Politiker, Politologen, Diplomaten und Publizisten zu den traditionellen tschechisch-deutschen Gesprächen im April 2001 zusammen

Im letztjährigen Treffen schlug der Politologe Bohumil Doležal eine Erklärung vor welche die Vertreibung der Sudetendeutschen bedauert.

Folgende Bewegungen unterstützen diese Erklärung

Klub Emanuela Rádla
Antikomplex - Hnutí proti xenofobii
Mládež pro interkulturní porozumění MIP

Die Erklärung, deren Wortlaut unten abgedruckt ist, wurde bisher von 130 tschechischen Bürgern unterzeichnet. 

 

Petice LITUJEME

Česká politická reprezentace nenašla celých deset let po listopadovém převratu odvahu vyjádřit se jednoznačně k vyhnáni sudetských Němců z Československa. Jsme si vědomi zločinů, jichž se dopustil nacistický režim. Chceme-li vytvářet vyspělou, sebevědomou společnost, musíme si však umět přiznat i zodpovědnost za hříchy naší minulosti. Jsme přesvědčeni, že vyhnáni sudetských Němců byl surový a nelidský akt násilí proti skupině obyvatelstva, který nelze ničím ospravedlnit. Vinu za něj nese především tehdejší česká společnost a její političtí představitelé. Ačkoli se většina dnes žijících Čechů na tomto zločinu přímo nepodílela, cítíme za něj zodpovědnost. Nelitujeme pouze takzvaných excesů, ale vyhnáni jako takového a utrpení, které přineslo nevinným lidem. Proto se našim vyhnaným krajanům upřímně omlouváme.

Übersetzung

Erklärung WIR BEDAUERN

Die tschechische politische Repräsentation hat während des ganzen Jahrzehnts nach dem Novemberumsturz keinen Mut gefunden, sich eindeutig zur Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei zu äußern. Wir sind uns der Verbrechen bewusst, die das Nazi‑Regime begangen hat. Falls wir eine hochentwickelte, selbstbewusste Gesellschaft bilden wollen, müssen wir jedoch fähig sein, auch die Verantwortung für Sünden unserer Vergangenheit zu bekennen. Wir sind überzeugt, dass die Vertreibung der Sudetendeutschen ein brutaler und unmenschlicher Gewaltakt gegen eine Volksgruppe war, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Die Schuld dafür tragen vor allem die damalige tschechische Gesellschaft und ihre politischen Repräsentanten. Obwohl sich die Mehrheit der heute lebenden Tschechen an diesem Verbrechen nicht direkt beteiligt hat, führen wir dafür Verantwortung. Wir bedauern nicht nur die sogenannten Exzesse, sondern die Vertreibung als solche und das Leid, das sie den unschuldigen Leuten gebracht hat. Deshalb entschuldigen wir uns offenherzig bei unseren vertriebenen Landsleuten

 

 

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